Neue Chancen für die Gesundheit – Woran die Spieleindustrie schon lange arbeitet, eröffnet nun auch der Medizin neue Möglichkeiten. Denn die VR-Technologie hilft Wissen zu vermitteln und an neue Erkenntnisse zu gelangen. Medizinstudenten sezieren Leichen oder operieren am Körper, während sie am Schreibtisch sitzen. Bei Operationen unterstützt das Tablet bei der Darstellung und Identifikation von Pathologien. Des Weiteren ermöglicht Virtual Reality neue Formen der Therapie. Therapeuten begleiten Patienten mit Angststörungen bei der Konfrontation mit ihren Ängsten in der virtuellen Welt. In den letzten Jahren hat die Technologie zunehmend an Bedeutung gewonnen und es werden stetig neue Anwendungsgebiete in der Medizin erprobt.
Virtual Reality in der Lehre

Eine neue Form des interaktiven Lernens wird mit der virtuellen Realität etabliert. Davon profitieren unter anderem Medizinstudenten, denn sie lernen in virtuellen Welten mit 3D-Modellen von den Organen, Knochen und Geweben. Die anschauliche Darstellung ermöglicht den Studierenden einen Einblick in die physiologischen Prinzipien und interne Prozesse des menschlichen Körpers. In der virtuellen Realität können die Studierenden die visualisierten Modelle nicht nur sehen, sondern mit ihnen auf eine neue Art und Weise interagieren. Die dargestellten Organe können von allen Seiten betrachtet und um 360 Grad gedreht werden. An wichtigen Positionen sind Micro-Learning Spots hinterlegt, an denen die Studierenden Aufgaben erledigen müssen oder Informationen durch Text-, Video-, Bild- sowie Audiodateien erhalten. Mit der VR-Technologie können auch Operationsschritte und Techniken eingeübt werden, die bei Bedarf beliebig oft wiederholt werden können. Für Medizinstudenten ist das wichtig, da sie während ihres Studiums vor allem praktische Erfahrung sammeln müssen, um die Patientensicherheit zu gewährleisten. Somit werden die Fähigkeiten der Medizinstudenten gezielt geschult und verbessert, ohne einen Patienten zu gefährden. Außerdem lernen die Studierenden am Simulator schneller und effektiver als durch das Zuschauen in einem Operationssaal. Beispielsweise setzt die Uniklinik Heidelberg auf das Sezieren von Leichen über den Touchscreen. Aber auch in der Psychiatrieausbildung wird die Schulung mit virtuellen Welten durchgeführt. Das Problem bei der psychiatrischen Ausbildung ist das fehlende Verständnis für das Empfinden des Erkrankten. Die virtuelle Realität kann es jedoch den zukünftigen Ärzten und dem Pflegepersonal ermöglichen, die Wahrnehmung des Patienten im Simulator zu nachzuempfinden.
Virtuelle Realität in der Praxis
Im Klinikalltag kann die VR-Technik kaum noch weggedacht werden, da sie die Ärzte bei schwierigen Diagnosen und invasiven Eingriffen unterstützt. Sie visualisiert die Informationen und Daten für die OP-Planung, die die Ärzte vor einer Operation bekommen. Diese komplexen Daten müssen selektiert und interpretiert werden. An der Stelle hilft die Virtuelle Realität dem Operateur, in dem sie die Daten mit Bildern der Computertomografie kombiniert und zu einem realitätsgetreuen Bild zusammenstellt. Organe, Knochen und Gewebe werden dreidimensional als 3D-Modell dargestellt, so dass der Arzt ein Bild von der Pathologie des Patienten bekommt. Das zu operierende Organ kann dabei aus allen Winkeln beliebig betrachtet und vergrößert werden. Mit Hilfe der Virtual Reality hat der Arzt die Möglichkeit sich intuitiv ein Bild von der Pathologie und den jeweiligen Schritten bei der Operation zu machen. Auch in der Roboterchirurgie hat der Einsatz der virtuellen Realität zugenommen, denn dort unterstützt sie den Chirurgen bei präzisen Eingriffen und hat nachhaltig Einfluss auf die Patientensicherheit.
Therapie mit Virtual Reality
Behandlung von Angst und Belastungsstörungen

In virtuellen Welten Phobien bekämpfen – Bei der Behandlung von Angst- und Belastungsstörungen kommt die virtuelle Realität bei einer Reihe von Psychopathologien zum Einsatz. Flugangst, Höhenangst, Klaustrophobie, Arachnophobie, Panikstörungen oder Posttraumatische Belastungsstörungen werden vermehrt mit Rückgriff auf VR behandelt. Verschiedene Kliniken erproben die VR-Technologie bereits und konfrontieren den Patienten bei der Therapie mit einer angstauslösenden Situation in der virtuellen Realität. Zwar sind die Situationen nicht echt, jedoch sind es die Ängste der Patienten. Die virtuelle Therapie gleicht dabei den Prinzipien der konventionellen Konfrontationstherapie. Der Patient wird mit seinen Ängsten konfrontiert und lernt, wie er seine Emotionen, Reaktionen und Ängste bewältigen kann. Ein Therapeut begleitet sie dabei und hat zu jeder Zeit die Bedingungen der Situation unter Kontrolle. Die Behandlung erfolgt stufenweise, damit der Patient langsam und schrittweise an seine Angst herangeführt werden kann. Die individuellen Regulationsmöglichkeiten sorgen dafür, dass auf die individuellen Bedürfnisse und Fortschritte des Patienten eingegangen wird. Bei der Therapie von Höhenangst werden die Patienten auf eine virtuelle Plattform in der Höhe gestellt. Diese wird schrittweise in der Höhe verstellt, so dass der Patient beim Runtergucken eine Tiefenwahrnehmung hat. Die gleiche Methodik wird bei der Therapie von Flug- oder Spinnenphobie angewendet. Auch bei Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) werden die Patienten mit traumatischen Situationen konfrontiert. Beispielsweise werden für Soldaten Szenen aus dem Irakkrieg nachgestellt, in denen Eindrücke, wie Explosionen vorkommen. Der entscheidende Vorteil bei der Therapiemethode ist die leichte Umsetzbarkeit. Zudem ist sie kostengünstiger und kontrollierbarer. Eine weitere Option ist die Anwendung über eine eigene VR-Brille mit dem Smartphone, bei der sich der Patient ortsunabhängig über eine App selbst therapieren kann. Zwar wird diese Art der VR-Therapie einen Therapeuten nicht ersetzen, dennoch kann sie den Therapieprozess beschleunigen und den Patienten schneller von seinen Ängsten befreien.
Therapie von Suchtkranken
Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Therapie von Suchtkranken. Dabei werden Risikosituationen trainiert, in denen das Verlangen nach der Droge groß ist. Trockene Alkoholiker müssen bei der VR-Therapie in eine virtuelle Kneipe gehen, in der sie üben alkoholhaltige Getränke abzulehnen, die ihnen ein Avatar anbietet. Dasselbe Prinzip findet bei Nikotinabhängigen Verwendung: Sie werden Orten und Situationen ausgesetzt, an denen sie normalerweise zur Zigarette greifen. Zum Beispiel wird das Warten an Bushaltestellen oder das Trinken eines Kaffees simuliert, ohne dabei zur Zigarette zu greifen. Langfristig werden demnach neue Verhaltensformen in der virtuellen Realität eingeübt. Bei der Therapie von Magersucht setzt man nicht auf die Konfrontation mit Risikosituationen mit Hilfe der Virtual Reality-Technologie. Dort konfrontiert man die Patientinnen mit künstlich generierten Avataren, die auf Messungen ihres eigenen Körpers basieren. Der Avatar ist in seiner Größe, Gewicht und BMI veränderbar, so dass die Patientinnen dünnere und dickere Varianten ihres Körpers gezeigt bekommen. Der Vorteil besteht darin, dass man den Patientinnen, die Ihrem Körper negativ gegenüber eingestellt sind, eine Bandbreite an Proportionen in der virtuellen Realität zeigen kann. Das ist hilfreich, da man ihren Körper damit nicht direkt bewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anorexie-Patientinnen ihren Körper durchaus richtig einschätzen und keine Probleme bei der eigenen Körperwahrnehmung haben. Dennoch zeigte sich, dass sie einen sehr dünnen Körper als Wunschkörper präferieren.
Therapie von Schmerzpatienten
Eine Erleichterung von akuten Schmerzen verspricht die VR-Therapie von Schmerzpatienten. Bei der schmerzhaften Prozedur eines Verbandwechsels werden die Patienten in eine virtuelle Schneelandschaft namens SnowWorld geschickt. Dort laufen sie durch Schneelandschaften, beobachten Pinguine oder Eisbären und können mit Schneebällen werfen. Der Effekt ist ähnlich einer Dosis Morphium und verringert die Schmerzen um bis zu 50%. Die Grund&Shy;idee besteht darin die Patienten in eine andere Realität einzubinden und für Ablenkung von den Schmerzen zu sorgen. Dabei fanden Ärzte heraus, dass Ausflüge in virtuelle Welten nicht nur Schmerzen, sondern auch Depressionen von Langzeitpatienten vorbeugen.
Fazit
Insgesamt zeigt der Einsatz der VR-Technologie große Vorteile im Einsatz in der Medizin. Bei der Lehre, wie in der Praxis, ergänzen sie die konventionellen Methoden und fördern die Sicherheit des Patienten. In der Therapie stechen die fehlenden Störfaktoren in der virtuellen Umwelt und die schrittweise Regulierung bei der Konfrontationstherapie hervor. Zudem können Umwelten erschaffen werden, die sehr natürlich aussehen. Es ist offen, wie sich virtuelle Welten zukünftig auf das Gesundheitswesen auswirken. Bis jetzt hat sich die Technik jedoch sehr gut in die Medizinische Praxis etabliert und ist in einigen Bereichen nicht mehr wegzudenken.
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